Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht
Der Deutsche Wasserstoff-Verband weist im Rahmen der Verbändeanhörung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht darauf hin, dass über die vorgeschlagenen Anpassungen hinaus notwendige Änderungen zur Wasserstoff-Besteuerung im Energiegesetz notwendig sind, die für den Hochlauf der Wasserstoff-Mobilität zur Erreichung der Klimaschutzziele unabdingbar sind.
Wasserstoff wird im aktuell gültigen Energiesteuergesetz nicht explizit als Energieerzeugnis erfasst (§ 1 Abs. 2 EnergieStG). Nach § 2 Abs. 4 EnergieStG unterliegen die nicht erfassten Energieerzeugnisse, die jedoch als Kraftstoff verwendet werden, dem sogenannten Ähnlichkeitsprinzip und müssten der gleichen Besteuerung, der sie nach ihrem Verwendungszweck und ihrer Art am nächsten kommen, unterliegen. Das BMF hat in der Dienstvorschrift Energiesteuern N 09 2014 Nr. 29 den Begriff „Kraftstoff“ definiert und festgelegt, dass Wasserstoff, der in einer Brennstoffzelle genutzt wird, nicht im EnergieStG erfasst und damit von der Energiesteuer befreit ist. Dies ist konform mit Art. 15 der EU-Richtlinie 2003/96/EC, wonach die Steuerbefreiung von Wasserstoff für die Nutzung in Brennstoffzellen erlaubt ist. Die Befreiung steht ebenfalls im Einklang, dass noch nicht wettbewerbliche Energieträger im Verkehr, die zum Erreichen der Klimaziele einen zukünftigen entscheidenden Beitrag leisten können, durch eine Befreiung und/oder Abminderung der Steuerlast über einen gewissen Zeitraum fiskalisch begünstigt werden.
Wasserstoff, der zur unmittelbaren Erzeugung von mechanischer Energie in einem Verbrennungsmotor (ICE – Internal Combustion Engine) eingesetzt wird, unterliegt jedoch als Kraftstoff der Energiesteuer und wird mit dem gleichen Steuersatz wie Erdgas besteuert. Der Steuersatz für Erdgas ist für einen begrenzten Zeitraum auf umgerechnet 0,55 €/kg Wasserstoff reduziert und wird ab 2027 auf den normalen Steuersatz von etwa 1,25 €/kg angehoben.
Die ungleiche Besteuerung von mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen stellt einerseits den wichtigen Hochlauf der H2-ICE-Fahrzeuge schlechter und andererseits führt die fiskalische Differenzierung der beiden Technologien zu einem erheblichen finanziellen und technischen Mehraufwand an den Betankungsanlagen. Diese Problematik verhindert damit die zur Erreichung der Klimaziele im Schwerlastgüter-Straßenverkehr notwendigen schnelle und unbürokratische Markteinführung von Wasserstoff-LKWs.
Der DWV schlägt deshalb einige Regelungen vor, um die ungleiche Besteuerung von Wasserstoff in Brennstoffzellen-Fahrzeugen und in H2-Verbrennerfahrzeugen gleichzustellen und den Hochlauf der Wasserstoff-Mobilität im notwendigen Umfang zu unterstützen. Wasserstoff soll demnach perspektivisch maximal mit dem von der EU vorgeschlagenen Mindestsatz besteuert werden – unabhängig vom Einsatz in der Brennstoffzelle oder im H2-Verbrenner. Dieser Ansatz spiegelt auch den aktuellen Debattenstand zur Novellierung der Energiesteuerrichtlinie auf europäischer Ebene wider. Der Zeitraum für die Verabschiedung der novellierten Energiesteuerrichtlinie und deren nationale Umsetzung ist jedoch nicht abzusehen. Beim Hochlauf der Wasserstoff-Mobilität darf im Sinne des Klimaschutzes und aber auch aus industriepolitischen Gründen keine Zeit verloren werden. Folgende regulatorische Maßnahmen sind aus diesem Grund notwendig und im vorliegenden Entwurf zum Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht berücksichtigt werden müssen:
- Die Besteuerung von Wasserstoff bei der Verwendung in der Brennstoffzelle als auch als Kraftstoff im H2-Verbrenner wird nach einer angemessenen Markteinführungsphase (25.000 Fahrzeuge im Markt) angeglichen. Wasserstoff als Kraftstoff wird mit dem minimal möglichen Satz, angelehnt an den europäischen Mindeststeuersatz für Erdgas2, von 0,31 € pro kg Wasserstoff besteuert.
- Um den notwendigen Hochlauf der Brennstoffzellenmobilität, insbesondere im Schwerlastverkehr, nicht unnötig wirtschaftlich zu behindern, wird für die ersten 25.000 in den Verkehr gebrachten Brennstoffzellen-Lkw die Besteuerung für deren kalkulatorische Nutzungsdauer von 7 Jahren ausgesetzt.
- Für den schnellen Hochlauf der Wasserstoff-Mobilität ist es erforderlich, die noch im Jahr 2024 bevorstehende Einführung von H2-ICE-Lkw bestmöglich zu unterstützen, u. a. indem die steuerrechtlich konforme Betankung unbürokratisch ermöglicht wird. Aktuell arbeitet die Industrie ein belastbares Nachweissystem aus, welches umgesetzt und in den Fahrzeugen und/oder den Tankstellen bis spätestens 2030 implementiert werden soll. Bis zur Einführung der elektronisch automatisierten Nachweissysteme sind die Betreiber von Wasserstoffverbrenner-Lkw verpflichtet, auf Basis einer jährlichen Meldung der vertankten Wasserstoffmengen, multipliziert mit dem Minimalsteuersatz von 0,31 €/kg H2, die Steuer abzuführen. Die Angaben und die Abführung der jeweilig abzuführenden Steuern werden von den Behörden stichprobenartig kontrolliert. Für die ersten 25.000 H2-ICE-Lkw im Verkehr ergäbe sich, aufgrund von eventuellen Nicht- bzw. Falschmeldungen durch die Fahrzeugbetreiber, ein maximales fiskalisches Risiko für den Bund in Höhe von durchschnittlich 26,4 Mio. €/a. In Anbetracht des Handlungsdrucks für die gesamte Bundesregierung aufgrund der Verpflichtungen aus dem Klimaschutzgesetz sowie andererseits dem volkswirtschaftlichen Potenzial eines Hochlaufs der deutschen Produktion von Wasserstoff-LKWs wäre dies ein vertretbares fiskalisches Risiko.
1 Nationaler Wasserstoffrat: „Nationaler Wasserstoffrat empfiehlt einheitliche Besteuerung von Wasserstoff im Mobilitätsbereich“ veröffentlicht am 19.01.204.
2 Europäischer Mindestsatz für die Besteuerung von Erdgas beträgt 2,60 EUR/GJ (dies entspricht 0,72 EUR pro MWh bzw. 0,31 EUR pro kg Wasserstoff).
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